6.7 Stärke deine Selbstsorge!
Website: | iLearn - Lernmanagementsystem der Hochschule Deggendorf |
Kurs: | vhb Demo: SEPCare 2. Spiritual Care – Emergency Care – Palliative Care 2 |
Buch: | 6.7 Stärke deine Selbstsorge! |
Gedruckt von: | Gast |
Datum: | Freitag, 22. November 2024, 11:40 |
Inhaltsverzeichnis
- Stärke deine Selbstsorge!
- 1. Selbstberuhigung und Stabilisierung
- 2. Tagesabschluss
- 3. Mittel- und langfristige Strategien zur Erhöhung der Widerstandsfähigkeit
- 4. Bewegung
- 5. Meine Werte – was ist mir wichtig?
- 6. Professionelle Unterstützung in helfenden Berufen
- 8. Spirituelle Pausen
- 9. Hilfe durch das Arbeitsteam
Stärke deine Selbstsorge!
Die Begriffe Kohärenz und Resilienz sind Ihnen nun bekannt. Auch Ihre eigenen Resilienzfaktoren waren Gegenstand der Selbstwahrnehmung.
Wie lässt sich die eigene Resilienz fördern und stärken?
💡 Eine Literaturempfehlung:
Ulrich Siegrist, Martin Luitjens (2012), Resilienz, Gabal Verlag Offenbach.
Ein sehr komprimiertes Buch, das in einer halben Stunde gelesen ist.
💡 Weitere digitale Anregungen
Weitere Tools zur Selbstsorge lernen Sie kennen im Kapitel 8 "Selbstsorge" unseres Kurses "ReSpirCare. Religiöse und spirituelle Ressourcen zur Traumaverarbeitung nach Flucht und Migration" , der Ihnen kostenlos über die Virtuelle Hochschule Bayern zur Verfügung steht (nach einer kurzen Registrierung): https://open.vhb.org/
1. Selbstberuhigung und Stabilisierung
Durch die Möglichkeit der Selbstberuhigung sind wir in der Lage, unser Befinden kurzfristig zu verändern. Dadurch können wir uns leichter emotional distanzieren, unsere Handlungsfähigkeit kann sich wiedereinstellen.
Selbstberuhigung ändert nichts an der Situation, aber etwas am aktuellen Befinden.
Es gibt verschiedene Möglichkeiten zur Selbstberuhigung:
1. Manche Übungen lenken die Aufmerksamkeit auf rationale Vollzüge; so bleibt weniger Kapazität für Emotionen.
Die Wechselwirkungen zwischen Emotionen und Kognitionen verdeutlichen Ihnen zwei Graphiken (aus: Manual Burnout von Weimer & Pöll 2012; die Nummerierung bezieht sich auf das Manual):
Wechselwirkungen zwischen Emotionen und Kognitionen
2. Andere Übungen setzen unmittelbar körperlich an, z.B. durch leichte Klopfakupressur, verbunden mit Sätzen der Benennung des Problems und der Selbstannahme.
Praktische Anregungen:
- Übungen, die am Denken ansetzen: Selbstberuhigung in Verbindung mit Zählen
- Anleitung zur Klopfakupressur: https://klopfakupressur.org/klopfakupressur/
Übung Klopfakupressur
2. Tagesabschluss
Am Ende eines Tages kann es sinnvoll sein, den Tag gut abzuschließen und zu reflektieren, was ich heute alles erlebt habe. Auch in vielen spirituellen und religiösen Traditionen ist dies verankert.
Sie finden zwei Anregungen:
1. Die 5 Finger Übung (von Nina Kürten. Grafik, und Stefanie Weimer, Text, 2020)
2. Der ignatianische Tagesabschluss (Gebet der liebenden Aufmerksamkeit, Gewissenserforschung im Stil des Ignatius von Loyola):
Die Merkformel heißt D-A-N-K:
D
Durchgehen des Tages:
- Für jede Stunde seit dem Aufstehen 1-2 Situationen erinnern, oder:
- Mich erinnern, mit welchen Personen ich zusammen war
- „Für die guten Dinge danken, die ich empfangen habe“, empfiehlt Ignatius. Gibt es Situationen oder Begegnungen, für die ich dankbar sein kann?
A
„Anfängergeist“ stammt als Einstellung aus dem Zen-Buddhismus. Dies passt sehr gut zum Tagesrückblick:
- Wie, wo, was habe ich heute begonnen?
- Wie habe ich geübt?
- Was kommt mir unvollständig, unfertig vor?
- Wie geht es mir damit, dass ich jeden Tag neu beginnen darf, solange ich lebe?
N
Neuwerden:
- Sind Gefühle bei einzelnen Erinnerungen aufgetaucht: Zufriedenheit, Freude, Begeisterung, aber auch Ärger, Neid, Scham und Schuld bei dem, was nicht so gut lief?
- Wäre es gut, mich mit jemandem zu versöhnen / auszusprechen / nachzufragen, wie er/sie eine kritische Situation erlebt hat?
- Bin ich gekränkt worden? Habe ich jemanden gekränkt?
- Mit welcher Haltung möchte ich morgen auf andere zugehen?
K
Konkret:
- Wie formuliere ich in Meditation, Ritual oder Gebet meinen Tagesabschluss?
- Worin bestehen das Helle und das Schöne, meine Schatten, die ich nicht so gern mag?
- Wie bringe ich meine Sehnsucht nach Heilung und Vergebung zum Ausdruck?
3. Mittel- und langfristige Strategien zur Erhöhung der Widerstandsfähigkeit
Mittel- und langfristige Strategie zur Stärkung der Widerstandsfähigkeit sind Techniken, die dabei helfen zu entspannen. Grundlegende Tipps erhalten Sie z.B. hier:
Hilfreich ist es, eine Entspannungsmethode (PMR, Yoga, Autogenes Training, Biofeedback …) zu lernen, sich körperlich fit zu halten (Yoga, Bewegung; s. im folgenden Kapitel) und/oder zu meditieren (Yoga, Meditation, Gebet; s.u. 6.7).
Zur Anregung eine kleine Auswahl:
1. Progressive Muskelentspannung (PMR) nach Jacobson
2. Stressreduktion durch Achtsamkeit (MBSR: Mindfulness based stress reduction)
Dieses effektive Anti-Stress-Programm wurde in den 1970er Jahren von Dr. Jon Kabat-Zinn an der Universitätsklinik in Worcester, Ma MA (USA) entwickelt. Es ist ein Trainingsprogramm mit meditativen Übungen in Ruhe und Bewegung. Es vertieft die Wahrnehmung von Gedanken, Gefühlen und Körperempfindungen und führt zu einer Beruhigung von Körper und Geist; und größerer Gelassenheit. Zahlreiche internationale Studien belegen die gesundheitsfördernde, stressreduzierende und die Lebensqualität steigernde Wirkung von MBSR. Die Methode wird weltweit im Gesundheitsbereich, in pädagogischen und sozialen Einrichtungen ebenso wie in Unternehmen erfolgreich angewendet.
MBSR ist geeignet für alle Menschen die nach effektiven Möglichkeiten der Stressbewältigung in ihrem täglichen Leben suchen, sowohl in der Vorsorge zum Erhalt von innerer Ausgeglichenheit und der eigenen Gesundheit wie auch bei körperlichen, psychischen oder psychosomatischen Beschwerden. Die Grundlagen sind zu lernen in einem achtwöchigen Einführungskurs.
Auf der Basis von MBSR wurde auch eine Therapie entwickelt: Achtsamkeitsbasierte Kognitive Therapie, MBCT (engl.: Mindfulness based Cognitive Therapy). Sie hilft nachweislich Menschen mit ein- oder mehrfach durchlebter Depression das Risiko eines Rückfalls zu verringern. Es ist eine sehr wirkungsvolle Methode, die das Rückfallrisiko um bis zu 50 Prozent reduziert.
Nähere Informationen erhalten Sie unter: https://www.mbsr-verband.de/mbsr-mbct/mbsr.html
3. Eine kurze Einführungsübung in Achtsamkeit erhalten Sie auf folgendem Arbeitsblatt
Was ist Achtsamkeit
(aus: Manual Burnout von Weimer & Pöll 2012; die Nummerierung bezieht sich auf das Manual).
Vielfältige Anregungen finden Sie in: Huppertz M (2015) Achtsamkeitsübungen: Experimente mit einem anderen Lebensgefühl. Veränderte und erweiterte Neuauflage. Paderborn: Junfermann.
4. Regelmäßiges Meditieren
Nicht nur die Achtsamkeitsmeditation MBSR, sondern auch andere Formen der Meditation wirken nachweislich gesundheitsfördernd. Von mehreren Forschern (u.a. Ulrich Ott, Tania Singer) und an verschiedenen Orten (u.a. Tübingen) wird auch in Deutschland zur Wirkung von Meditation geforscht.
5. Achtsamkeit in der Natur
Für viele Menschen ist die Natur eine besondere Quelle der Kraft. Impulse, wie Sie diese Ressource sich erschließen, finden Sie z.B. in:
Michael Huppertz &t Verena Schatanek (2015) Achtsamkeit in der Natur. 84 naturbezogene Achtsamkeitsübungen und theoretische Grundlagen. Paderborn: Junfermann. (2017) Englische Übersetzung: Mindfulness in Nature. 84 Nature-oriented Exercises & Theoretical Foundations” (Übers.: Gerry Zettersten). Paderborn: Junfermann.
💡 Vertiefung
http://www.spiegel.de/spiegelwissen/meditieren-als-mittel-gegen-stress-angststoerungen-depressionen-a-937314.html
Es gibt stärker bewegungsorientierte Formen (z.B. Tai-Chi, Qigong, Drehtanz der Sufis; Kampfmethoden) und Methoden, die Wert legen auf das Verharren im Sitzen (z.B. Zen).
Auch das Christentum hat meditative Formen ausgeprägt, wie z.B. das Herzensgebet und andere Formen der Meditation und Kontemplation.
Für alle Formen braucht es eine Einführung und regelmäßiges Üben.
Wählen Sie, wozu Sie Zugang haben, sowohl von Ihrer Ausrichtung als auch von den Angeboten.
4. Bewegung
„Mens sana in corpore sano.“ In einem gesunden Körper wohnt ein gesunder Geist…
Um Belastungen durchzustehen und durchzuhalten, braucht der Körper Kraft und Stärke, die durch regelmäßige Bewegung und eine gesunde Herausforderung des Körpers entsteht. Umgekehrt hilft Bewegung, Stress abzubauen.
5. Meine Werte – was ist mir wichtig?
Was ist mir im Leben wichtig?
Ich habe nur dieses eine Leben. Wofür setze ich also meine Zeit ein?
Das kurze Video veranschaulicht humorvoll die Aufgabe, Prioritäten zu setzen:
6. Professionelle Unterstützung in helfenden Berufen
Menschen in helfenden Berufen sind wiederkehrend mit existenziellen Themen konfrontiert. Manchmal braucht es neben den Gesprächen mit Kollegen professionelle Hilfe. Coaching, Supervision, Intervision können helfen, Abstand zu gewinnen, in einem Schutz- und Reflexionsraum die eigenen Mechanismen zu erkennen, sich weiter zu professionalisieren, den Freiraum des eigenen privaten Lebens zu erhalten oder neu zu gewinnen.
Einblick in diese Unterstützungsmöglichkeiten erhalten Sie z.B. im Podcast: „Hilfe für Helfer“:
Eine „geistliche Begleitung“ kann darüber hinaus reflektieren helfen, welche Bedeutung den beruflichen Herausforderungen für die eigene Entwicklung zugemessen wird und/oder zukommen kann. Sie kann helfen, eine Relation zu den persönlichen, auch spirituellen Werten und zum Sinnhorizont des eigenen Lebens herzustellen. Dies kann auch in bewussten Rückzugszeiten geschehen, um Abstand zu gewinnen und in Ruhe zu sich selbst zu finden. An vielen (spirituellen) Weiterbildungszentren gibt es spirituelle Vertiefungstage zu verschiedenen Themen, u.a. zu „Brennen und nicht verbrennen“; auch Tage der Stille, Exerzitien und Kontemplationstage können unterstützen.
8. Spirituelle Pausen
„Die Seele baumeln lassen“
Wichtig zur Selbstsorge ist es, immer wieder die Arbeit zu unterbrechen, Pausen zu machen. Das tut uns physisch gut, ebenso geistig und seelisch. Unterbrechung ist ein Grundprinzip von Spiritualität.
1. Die „Spirituelle Pause“ kann sehr einfach sein:
- Nur einfach da sein, ohne etwas denken, bewerten, tun zu müssen.
Dazu braucht es einen passenden Ort:
Wo kann er für mich sein? Vielleicht kann es auch ein Innehalten während des Arbeitens sein (s. Modul Raum: z.B. an der Schwelle). Besser ist es, sich herauszunehmen an einen Rückzugs-, gar an einen „Oasenort“.
Zur Anleitung für das einfache Dasein finden Sie eine Impulskarte, die Sie sich ausdrucken können, und eine Einführung:
Übung Spirituelle Pause
Übung Spirituelle Pause Impulskarte
Vielleicht erinnert Sie eine Sanduhr (Laufzeit: 1 Minute) am Arbeitsplatz, dies regelmäßig zu tun.
Denn der Rhythmus, die Regelmäßigkeit ist ein zweites Grundprinzip der Spiritualität und auch der Gesundheit.
2. Die „Spirituelle Pause“ kann auch sein, sich bewusst einen Impuls zu gönnen, der die Werterelationen vielleicht wieder zurechtrückt. Die spirituelle Pause kann auch ein Innehalten im Gebet sein.
Hier kommen Sie zu einem online-Angebot mit spirituellen Impulsen für jeden Tag aus der christlichen Tradition:
http://de.sacredspace.ie
Eine Literaturempfehlung: Pierre Stutz (2002), Alltagsrituale. Wege zur inneren Quelle. München: Kösel-Verlag. Sie finden Weg-Gedanken und spirituelle Alltagsübungen in sehr existenzieller Weise. Als Leseprobe:
3. Üben Sie das Pausen-Machen bei Ihrem Studium. Das Modul „Spirituelle Pause“ bietet Anregungen.
9. Hilfe durch das Arbeitsteam
Wenn Situationen zu sehr fordern oder überfordern, tut es gut, rechtzeitig Tätigkeiten an eine Kollegin oder einen Kollegen abgeben zu können.
Wenn ich als Pflegekraft an meine Grenzen komme:
Studierende der TH Deggendorf empfinden solchen "Team-Spirit" als spirituellen Raum: