5. Die Relevanz von psychologischen Faktoren im Wissensmanagement

5.3. Verhinderungsfaktoren eines effektiven Wissensmanagement-Systems

Interaktives Video Kapitel 1.5.3 Verhinderungsfaktoren eines effektiven Wissensmanagement-Systems

Bellinger listet folgende Verhinderungsfaktoren auf [Bellinger 2007, 34]:

Verhinderungsfaktor 1:

Wissen ist Macht, Nichtwissen macht auch nichts - sofern es niemand merkt.

In den meisten Unternehmen wird Professionalität und der Wert einer Person für das Unternehmen mit nutzbringendem Wissen gleichgesetzt. Die Kehrseite der Medaille ist, dass viele Mitarbeiter (und je höher die Stellung, desto ausgeprägter) Nichtwissen als Schwäche deuten, die es zu verbergen gilt. Das macht es schwierig, Wissensaustausch positiv zu sehen. In vielen Unternehmen lernen nur die Juniors wirklich schnell. Sie können sich erlauben, aktiv bei Kollegen und Vorgesetzen nachzufragen und - vorausgesetzt diese nehmen sich entsprechend Zeit - von deren Wissen profitieren.

 

Verhinderungsfaktor 2:

Volle Transparenz eines anderen Mitarbeiters über bei mir vorhandenes Wissen kommt einem Machtverlust gleich. Stelle ich nämlich einem anderen Mitarbeiter mein gesamtes Wissen zur Verfügung, so macht mich das potenziell überflüssig. Das gilt es zu verhindern, daher keine Wissensteilung.

Gegenüber Vorgesetzten gilt oft auch noch der Grundsatz: Was der nicht weiß, macht ihm  nicht heiß.

Manche Vorgesetzten spüren das und reagieren mit übermäßiger Kontrolle darauf, setzen Spione ein, erscheinen unangemeldet bei Sitzungen etc. Die Mitarbeiter deuten das als Misstrauen - es entsteht eine Abwärts-Spirale.

 

Verhinderungsfaktor 3:

Das WM-System nicht zu bedienen, zieht keinerlei Sanktionen nach sich. Ein WM-System sollte einfach und möglichst schlank sein, damit es mit vertretbarem Aufwand kontrolliert werden kann. Außerdem muss man sich von vornherein darüber Gedanken machen, wie ein Boykott des WM-Systems sanktioniert werden kann.

Der IT-Abteilung den Lead über das WM-System zu geben, ist nicht zielführend, da diese das Wichtigste naturgemäß nicht tun kann: Die Fütterung und die Nutzung zu kontrollieren und zu sanktionieren.

 

Vehinderungsfaktor 4:

Offizielle und inoffizielle Informationsprozesse klaffen weit auseinander.

Ein Unternehmen ist gut beraten, das so genannte inoffizielle, über das persönliche Beziehungsnetzwerk laufende Wissensbeschaffungssystem zu sanktionieren, zu systematisieren und damit zu optimieren.

Hier bleibt einem nichts anderes übrig als die informellen WM-Systeme immer wieder einmal zu thematisieren. Das ist eine wiederkehrende Management-Aufgabe. Ein hilfreiches Tool dafür ist die Erstellung einer so genannten "Netzwerkkarte".

 

Verhinderungsfaktor 5:

Überforderung der Mitarbeiter durch Dokumentationszwang.

Die meisten WM-Projekte scheitern schon in einem sehr frühen Stadium. Die Unternehmen stecken sich häufig bei WM-Systemen zu hohe Ziele. Sämtliche Informationswünsche sollen berücksichtigt werden und eine umfassende Datenbank wird generiert, in der anschließend viele Daten schlummeren. Leider führen Strukturierung, Aktualisierung und Anwendung einer derart umfassenden Datenbank zu einer Überforderung der Mitarbeiter in zweifacher Hinsicht.

Zum einen können die Mitarbeiter kaum noch abschätzen, welche Informationen mit welchem Genauigkeitsgrad in die Datenbank eingegeben werden sollen, was dazu führt, dass sie diese Tätigkeit ständig verschieben und als bürokratischen Dokumentationsaufwand missbilligen.

Zum andern wird die Abrufung von Informationen derart komplex, dass sich Mitarbeiter lieber über alte, bereits eingespielte Wege das notwendige Wissen beschaffen, so dass das neue WM-System bereits nach kurzer Zeit brach liegt.

 

Übung

Welche  Einstellungen der Mitarbeiter sind bei der Einführung von WM erfolgsfördernd?

Welche  Einstellungen der Mitarbeiter sind bei der Einführung von WM erfolgsverhindernd?

1.5.3 Kontrollfragen - Aufgaben 1,7

Barrieren gegen WM (Prof. Müller, FH Ansbach) (18 Min)