1.4 Aufgaben und Gestaltungsbereiche des Finanzmanagements

1.4.1 Die Aufgabenbereiche des Finanzmanagements im Überblick

 

Die wesentlichen Aufgaben bzw. Gestaltungsbereiche des Finanzmanagements lassen sich der nachfolgenden Abbildung 1.5 entnehmen. Die Anordnung im Kreis soll verdeutlichen, dass bestimmte Gestaltungsbereiche eine „natürliche Reihenfolge“ aufweisen. Insbesondere folgen mittel- und kurzfristige Finanzplanungen sinnvollerweise aus der langfristigen Finanzierungs-strategie. Vor der Auswahl geeigneter Finanzierungsinstrumente ist zunächst der Kapital-bedarf zu berechnen. Alle nachfolgend kurz umrissenen Gestaltungsbereiche des Finanzmanagements werden in einzelnen Kapiteln des VHB-Kurses nochmal ausführlich erläutert und geübt.

Der Begriff Finanzmanagement

                        Abb. 1.5  Aufgaben und Gestaltungsbereiche des Finanzmanagements

 

Im Einzelnen lassen sich die einzelnen Gestaltungsbereiche wie folgt konkretisieren (beginnend in Abb. 1.5 oben in der Mitte):

Langfristige Investitions- und Finanzierungsstrategie

Ausgangspunkt für alle weiteren Gestaltungsbereiche ist die Erarbeitung einer langfristigen Investitions- und Finanzierungsstrategie, in der die langfristigen Finanzierungsgrundsätze sowie die langfristigen Investitions- und Finanzierungsvorhaben festgelegt werden. Diese Form der Finanzierungsstrategie wird von (insbesondere börsennotierten) Unternehmen häufig auch nach außen kommuniziert.

Beispiele für die Kommunikation langfristiger Investitions- und Finanzierungsstrategien sowie von Finanzierungsgrundsätzen können unter folgenden Links aufgerufen werden:[1]

http://www1.deutschebahn.com/ecm2-db-de/ir/anleihen_rating/finanzierungsstrategie.html

http://www.egger.com/shop/de_AT/ueber-egger/credit-relations/finanzierungsstrategie

Die Aufgaben des Finanzmanagements beschränken sich hierbei nicht nur darauf, für die langfristig geplanten Vorhaben geeignete Finanzierungsmaßnahmen zu planen. Eine wesentliche Aufgabe des Finanzmanagements besteht darin, zu prüfen, ob die Rendite geplanter langfristiger Investitionen zumindest die Kapitalkosten für die zu beschaffenden Finanzmittel (Eigenmittel und Fremdmittel) abdeckt. Nur dann kann im Unternehmen Wert geschaffen werden bzw. den Anforderungen der Kapitalgeber mit Blick auf deren gewünschte Verzinsung des eingesetzten Kapitals entsprochen werden.[2] Hierfür steht dem Finanzmanager das Instrumentarium der Investitionsrechnung zur Verfügung.

Im Rahmen der langfristigen Finanzierungsstrategie werden auch wichtige finanz-wirtschaftliche Kennzahlen festgeschrieben, die im Rahmen der konkreten Finanzplanungen einzuhalten sind.

Optimierung des Kapitalbedarfs und Gestaltung des Finanzierungsmix

Das Eigen- und Fremdkapital eines Unternehmens ist im Regelfall nicht in beliebiger Höhe verfügbar und an die Kapitalgeber ist eine Vergütung (insbesondere Zinsen, Gewinn-ausschüttung) zu zahlen. Daher ist ein wesentlicher Gestaltungsbereich des Finanz-managements der sparsame Umgang mit Kapital. Dieser wichtige Gestaltungsbereich des Finanzmanagements, der ebenfalls langfristig angelegt ist, umfasst die Optimierung finanzwirtschaftlicher Prozesse im Unternehmen und daraus folgend eine Minimierung des notwendigen Kapitalbedarfs. Weiterhin wird der Finanzierungsmix gestaltet, z.B. das Verhältnis von Eigen- zu Fremdkapital, das Verhältnis von langfristigen zu kurzfristigen Finanzierungsmitteln. Auch die grundsätzlichen Fragen zur Nutzung von Leasing und Factoring sind hier zu beantworten.

Ein typisches Beispiel für Optimierung und Gestaltungsmöglichkeiten ist das sog. Working Capital Management, bei dem eine Optimierung des Umlaufvermögens inkl. der kurzfristigen Verbindlichkeiten angestrebt wird, in dem beispielsweise die Vorräte und die ausstehenden Forderungen so gering wie möglich gehalten werden. Auch die Kapitalstruktur im Sinne des Verhältnisses von Eigenkapital zu Fremdkapital wird optimiert, wobei eine „optimale“ Kapitalstruktur von vielen verschiedenen Einflussfaktoren abhängt.

Finanz- und Liquiditätsplanung

Einer der Kernprozesse von Unternehmen ist der jährlich stattfindende Planungszyklus, bei dem als mittelfristige Planung die Ein- und Auszahlungen des kommenden Geschäftsjahres sowie der nachfolgenden zwei bis vier Geschäftsjahre geplant werden. Im Regelfall findet diese Planung als integrierte Finanz- und Erfolgsplanung statt, d.h. die Erträge und Aufwendungen sowie Ein- und Auszahlungen werden gemeinsam geplant. Die Finanzplanung wird dann aus einer Überleitungsrechnung aus einer GuV-Planung abgeleitet. Diese Planung zeigt dem Finanzmanager den Kapitalbedarf der kommenden Perioden oder auch die Möglichkeiten zur Kapitalanlage auf.

Auswahl von Finanzierungs- oder Anlagealternativen

Steht der mittelfristig notwendige Kapitalbedarf fest, folgt anschließend die konkrete Deckung des Kapitalbedarfs aus verschiedenen Finanzierungsalternativen. Die wesentlichen Finanzierungsinstrumente sind zentraler Gegenstand des VHB-Kurses zu „Investition und Finanzierung“ und werden daher in diesem Kurs nur kurz bzw. überblickshaft beleuchtet. Ergibt sich aus der Finanz- und Liquiditätsplanung ein dauerhafter oder zeitweise Finanzmittelüberschuss, sollte überlegt werden, in welcher Form dieser angelegt werden kann, Dies kann in Zeiten sehr niedriger Zinsen durchaus eine Herausforderung darstellen.

Rating und Zusammenarbeit mit Finanzpartnern

Die Deckung des Kapitalbedarfs durch geeignete Finanzierungsinstrumente setzt voraus, dass aktuelle oder potenzielle Kapitalgeber bereit sind, diese Finanzmittel auch zur Verfügung zu stellen. Sei es, dass aktuelle Eigenkapitalgeber auf die ihnen zustehenden Gewinne verzichten (Gewinnthesaurierung), neue Eigenkapitalgeber bereit sind, zusätzliches Haftungskapital zur Verfügung zu stellen oder Fremdkapitalgeber wie Banken bereit sind, z.B. zusätzliche Kredite zu gewähren. Daher besteht eine wesentliche Aufgabe des Finanzmanagements darin, Kapitalgeber mit den notwendigen Informationen zu versorgen, damit diese ein finanzielles Engagement in das Unternehmen als eine unter Rendite- und Risikogesichtspunkten sinnvolle Entscheidung ansehen. Dabei spielen Aspekte wie das Rating eines Unternehmens eine immer bedeutendere Rolle. Ein wesentlicher Aufgabenbereich des Finanzmanagements sind folglich auch die Vorbereitung und Durchführung der regelmäßigen Gespräche mit den Kapitalgebern, z.B. mit den Banken.

Cash-Management / Finanzdisposition / Zahlungsverkehr

Zum Finanzmanagement gehört nicht nur die langfristige und mittelfristige Finanzplanung, sondern auch die kurzfristige Steuerung der Finanzen im Sinne einer Finanzdisposition bzw. einer tagesgenauen oder auch wochengenauen Aussteuerung der Einzahlungen und Auszahlungen. In diesem Zusammenhang ist auch der Zahlungsverkehr zu organisieren und zu steuern, z.B. welche Arten von Zahlungsverkehrsinstrumenten / Bezahlverfahren ggü. Kunden und Lieferanten zum Einsatz kommen sollen.

Steuerung von Finanzrisiken

Die Höhe zukünftiger Ein- und Auszahlungen ist naturgemäß risikobehaftet und unterliegt einem Prognoseproblem. Neben allgemeinen Risiken, wie nur schwer planbaren Umsatzerlösen, ergeben sich aber auch Risiken, die direkt der Finanzsphäre eines Unternehmens zuzuordnen sind. Hierunter fallen zum einen das Ausfallrisiko von Kunden und der Umgang mit ausstehenden Forderungen sowie sog. Marktpreisrisiken. So können zukünftige Einzahlungen niedriger als geplant und zukünftige Auszahlungen höher als geplant ausfallen, wenn sich insbesondere das Marktzinsniveau, die Währungskurse und die Rohstoffpreise ungünstig für das Unternehmen entwickeln. Eine wesentliche Aufgabe innerhalb des Finanzmanagements besteht daher auch darin, diese Risiken im Blick zu haben, zu quantifizieren und ggf. z.B. durch den Einsatz von Absicherungsinstrumenten in Form von sog. Derivaten gegenzusteuern.    

Nachdem nun die wesentlichen Aufgabenbereiche des Finanzmanagements umrissen wurden, soll im Folgenden darauf eingegangen werden, wer diese Aufgabenbereiche im Unternehmen wahrnimmt.



[1] Auf Finanzierungsgrundsätze wird in Kap. 4 näher eingegangen

[2] Diese Sichtweise wurde bereits in Kap. 1.3 beschrieben.